Freitag, 1. Dezember 2023

indigene Kekse und Lesetipps

 


Dieses Kochbuch musste ich einfach haben! 
(unbezahlte Werbung, ich habe es selbst gekauft)


Es handelt davon, wie sich indigene Völker in Amerika vor der "Entdeckung" durch den weißen Mann ernährt haben. Welche Lebensmittel haben sie gegessen und haltbar gemacht, welche Tiere gejagt, wie gelebt? Welche Speisen können mit heutigen Zutaten, nicht nur in den USA, sondern auch bei uns nachgekocht werden? 

Die einzelnen Kapitel behandeln die indigene Vorratskammer, Feld und Garten, Prärien und Seen, Süßes aus der Natur und zum Schluss gibt es Rezepte von indigenen Partner*innen und für Mondfeiern (Menüs für Festessen). 

Der Autor Sean Sherman ist ein erfolgreicher Koch und Küchenchef in Minneapolis, USA, und hat nach einer persönlichen Krise begonnen, sich mit seinen indigenen kulinarischen Wurzeln zu beschäftigen. Er stammt vom Volk der Lakota ab und wuchs im Pine Ridge Reservat im Norden der USA auf (die Lakota gehören zur Sioux Sprachfamilie). Siehe auch den Lesetipp ganz unten. 

Der, wie ich finde, geniale Buchtitel "Sioux Chef" bezeichnet sowohl die indigenen Sioux, als auch den Sous-Chef in der Restaurantküche. 

Vorwort vom Autor

Die Rezepte in dem Kochbuch enthalten keine Milchprodukte, Weizen, Rind- und Schweinefleisch, weißer Zucker etc., da diese erst von europäischen Siedlern nach Nordamerika gebracht bzw. verwendet wurden. Anders als bei Paläo-Rezepten sind alle Lebensmittel "erlaubt", die die Menschen eben damals in Amerika verzehrt haben, auch Hülsenfrüchte und Getreide. 

Es gibt Rezepte für Büffelfleisch, Geflügel, Kaninchen und Fische. Sehr viel Pflanzliches, wie Wildreis, Mais, Bohnen, Kürbisse (die "drei Schwestern"), Süßkartoffeln, Beeren, Pilze, Nüsse, Wildkräuter etc. An Gewürzen kommt Räuchersalz, Wacholder und Sumach häufig vor. Besonders interessant finde ich die verschiedenen Mehlsorten, neben Maismehl für Küchlein auch gemahlene Kastanien, Eicheln, Wildreis oder Gemüse, das zuvor gedörrt wurde. Kürbis zu dörren und zu Mehl zu mahlen, davon habe ich hier zum ersten Mal gelesen, das muss ich ausprobieren. 

Das Buch bietet oft Alternativen für spezielle Zutaten an und für mich ist auch interessant zu überlegen, was durch regionale Lebensmittel aus Feld und Wald ersetzt werden kann.
Zum Beispiel könnte man statt dem importierten Ahornsirup heimischen Honig verwenden - warum nicht auch Fichtenhonig ("Wipferlhonig"), auch wenn er mit weißem Zucker gemacht ist. Statt Bohnen mit einem Zedernzweig zu kochen, nimmt man Fichte und Tanne. Statt Bisonfleisch ist Weiderind die beste Alternative, und mittlerweile gibt es auch bei uns Bisonzüchter. Dinkelreis statt importiertem Wildreis, heimische Beeren, Nüsse, Kerne usw...
Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt! Ich bin so begeistert von den kreativen Möglichkeiten, die sich auftun, und werde dranbleiben. 

Auf meiner to cook-Liste steht zum Beispiel:
in Apfelsaft geschmorter Truthahn, Maiskuchen mit div. Toppings, Wojape Beeren-Minzsauce, mit Nadelbaumzweig geschmorte Bohnen, weitere "drei Schwestern" Gerichte und auch einmal geschmortes Bisonfleisch. 


Als erstes habe ich Kekse mit interessanten Zutaten gebacken, bevor das Weihnachtskeks-Backen losgeht, aber sie eignen sich auch dafür...





dunkle Herbstkeks mit Sonnenblumenbutter

nach Sean Sherman
Zutaten für ca. 20 Kekse bzw. 1 Blech: 

Sonnenblumenbutter - Sunny Butter:
135 g Sonnenblumenkerne, ungesalzen und trocken geröstet
1/2 TL Räuchersalz
170 g Honig (ich) oder 160 g Ahornsirup

Keks:
65 g Sonnenblumenbutter von oben, bei Bedarf ein bisschen mehr
50 g Mehl *)
75 g feiner Maisgrieß
1 Prise Salz
2 - 3 EL Honig
3 EL Sonnenblumenöl
einen Schluck Wasser nach Bedarf
---- 
insgesamt 40 g getrocknete Cranberries, gehackte Nüsse und Sonnenblumenkerne

*) Mögliche Mehlsorten laut Originalrezept sind Kastanienmehl oder Mehl aus fein gemahlenem Wildreis, Eichelschrot, gedörrtem Kürbis, Nüssen. Ich habe Kastanien- plus Einkornmehl gemischt. 


Zubereitung:


Für die Sonnenblumenbutter (Foto) werden alle Zutaten zu einer möglichst cremigen Masse gemixt. 

Achtung, die Herstellung ist eine sehr klebrige Angelegenheit und könnte schwache Küchengeräte an ihre Grenzen bringen... Ich habe die Kerne vorher in der Kaffeemühle gemahlen und dann erst die rel. große Menge Honig und das Salz eingearbeitet. Trotzdem ist mir keine butterähnliche Masse gelungen, aber das macht auch nichts. 

Für die Kekse wird ein eher fester Teig aus allen Zutaten (bis ----) geknetet, am besten mit der Hand, denn er ist ziemlich bröselig. Den Teig rasten lassen, damit der Grieß quellen kann. Jeweils die Hälfte der gehackten Cranberries, Nüsse und Kerne einarbeiten, ich habe aber gleich alles in den Teig gemischt. 

Nun formt man mit nassen Händen kleine Kugeln mit ungefähr 2 cm Durchmesser und drückt sie ein bisschen platt. Die Kekse auf ein Backblech + Papier setzen und je nach Belieben mit (weiteren) Cranberries, Nüssen, Kernen belegen oder nicht (ich).
Im Backrohr bei 180°C rund 10 - 12 Minuten backen. Die Keks nicht zu lange backen, nur bis die Ränder beginnen braun zu werden. 

Auf dem Backblech auskühlen und damit fest werden lassen! Sie können noch lauwarm oder abgekühlt genossen werden, zum Beispiel auch mit einem Beerensorbet wie im kreativen Buch. 


oben vor dem Backen, 
unten nachher



sehr geschmackvoll!!

Unsere 20 Kekse waren im Nu verputzt, sie sind definitiv den klebrigen Aufwand mit der Sonnenblumenbutter wert! Die (ungesalzenen) Kerne hätte ich vor dem Mixen anrösten sollen, darauf habe ich zwar vergessen, aber der Geschmack und Duft beim Keksbacken waren trotzdem köstlich!

Auch das Kastanienmehl trägt das ihre zum besonderen Geschmack der Kekse bei. 

Tipp: gleich portionsweise die doppelte Menge "Butter" bzw. Kerne-Mus hergestellen, denn im Kühlschrank hält es sich in einem Glas rund einen Monat. Das Räuchersalz gibt dem Ganzen einen geschmacklichen Kick. 

~ ~ ~


Im Pine Ridge Reservat der Lakota in South Dakota in den USA, wo der Kochbuchautor aufgewachsen ist, spielt auch der folgende...

Roman - Lesetipp
(unbezahlte Werbung, ich habe es selbst gekauft):

Katja Etzkorn: Pine Ridge statt Pina Colada, TraumFaenger Verlag.

Der Inhalt kurz gesagt: Die deutsche (fiktive) Ärztin Sannah aus Hamburg reist im Auftrag einer Spendenorganisation ins Pine Ridge Reservat und lernt den Pferdezüchter Josh White Cloud kennen. 

Der unglücklich gewählte, triviale Titel des Romans verschleiert, dass er neben Herz-Schmerz auch ernste Themen, wie die heutigen schlechten Lebensumstände und Probleme in einem Reservat behandelt. Man erfährt einiges über die Geschichte und Kultur der Lakota, über die unendliche Graslandschaft der Prairie, über Büffel, Pferde, Westernreiten. Dargestellt wird auch das "Horsemanship" Projekt der Gesellschaft für bedrohte Völker, das vor allem Kindern eine Perspektive bieten soll.
(Vielleicht wäre das eine Idee für eine weihnachtliche Spende? Ich habe es bereits getan als Weihnachtsgeschenk-Ersatz.)


Dass in einem der reichsten Länder der westlichen Welt die ursprüngliche indigene Bevölkerung heute noch unter teils prekären Bedingungen und Diskriminierungen leben muss, finde ich so unbegreiflich wie erschütternd. Es bestehen in den USA rund 300 Reservate, in die die Indigenen im 19. Jahrhundert gezwungen und ihrer Kultur, Sprache und auch Kinder (die in Internate geschickt wurden) etc. beraubt wurden.

Die Sommer in Pine Ridge sind heiß, die Winter lang und bitterkalt, nicht alle können sich adäquate Unterkünfte, Heizung und Strom leisten. Denn die Arbeitslosenquote liegt im Reservat bei rund 80 %, die Lebenserwartung ist unter der der meisten afrikanischen Länder. Alkoholismus und Gewalt sind ein Problem und die Selbstmordrate bei der jungen Bevölkerung ist 4x höher als in der restlichen USA (weitere Infos). Sie haben wenig Perspektiven, nur wenige schaffen es "heraus". Im Krankheitsfall werden sie zum Beispiel nicht in öffentlichen Krankenhäusern behandelt, sondern in eigenen (finanziell schlechter gestellten) Einrichtungen des Indian Health Service. Die Liste der Diskriminierungen ließe sich fortsetzen.
Ich finde es wichtig zu wissen, dass es auch diese andere Seite der USA gibt. 

Trotzdem ist der Roman mit den lebendigen und teils witzigen Dialogen flüssig und schön zu lesen. Er ist Belletristik und vorhersehbar, eignet sich aber perfekt zur abendlichen Lese-Entspannung nach einem anstrengenden Tag. Ich habe das Buch sehr gern und mehrfach gelesen, bin auch Infos im Netz nachgegangen, weil mich die ernste Thematik sehr beschäftigt hat und ich noch "dort bleiben" wollte...
Geht euch das beim Lesen auch oft so?


Das 2. Buch der deutschen Autorin handelt übrigens vom indigenen Volk der Tlingit in Alaska (die für die beeindruckenden hölzernen Totempfähle berühmt sind). Beide Romane entführen in eine (mir) unbekannte Welt, sind lesenswert und auch gut recherchiert, finde ich. Empfehlung, auch vielleicht für ein Weihnachtsgeschenk...

Empfehlung genauso für das wunderschöne und kreative Kochbuch von Sean Sherman, es liegt mir bereits sehr am Herzen. Kennt ihr die Bücher? 





10 Kommentare:

  1. Das klingt in der Tat nach einem spannenden Buch und die speziellen Zutaten durch lokale Produkte zu ersetzen ist ein guter Ansatz! 👍
    Bin schon gespannt, was da zusammenkommt.
    Schönen Adventsonntag und liebe Grüße
    Günter

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    1. Ich versuche ja immer, möglichst regionale Zutaten zu verwenden, auch wenn Rezepte von weit her sind...
      danke dir und lg

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  2. Liebe Friederike,

    das ist ja spannend zu lesen gewesen. Toll !! Ich bin auch immer für solche Sachen zu haben. Deine Kekse sehen sehr lecker aus. Eine besinnliche und schöne Adventszeit wünschen wir Dir.

    Liebe Grüße
    Kerstin und Helga

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    1. Die Kekse sind für einen alternativen Keksteller sehr geeignet ;-))
      lg

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  3. Ach, wie wunderbar! Allein der Titel "indigene Kekse" ist klasse, und dann natürlich "Sioux Chef" - gut gewählt. Die Kekse sehen lecker aus und es ist ja immer auch interessant zu erfahren, mit welchen Zutaten unsere "Vorfahren" - bzw. in diesem Fall die "First Nation" in Amerika gekocht und gebacken hat.
    Und die Romane klingen auch interessant. Tja, die USA ist wenn man's genau nimmt, eigentlich ein modernes "3.Welt-Land", wenn du dort "abrutschst" oder krank wirst, hast du halt Pech gehabt und es gibt so viele "gescheiterte Existenzen", Menschen, die in ihren Autos leben und beten, dass sie nicht ins Krankenhaus müssen... keine soziale Sicherung, nix. Und die Versuche wie "Obamacare" hat der Vollidiot, der nach ihm kam, natürlich wieder eingestampft.
    Dass es die Ureinwohner in ihren Reservaten am meisten trifft, ist natürlich logische Konsequenz eines ganz schrecklich verlogenen und unmenschlichen Ammenmärchens namens "American Dream" und einer blutigen Geschichte, die bis heute einfach verleugnet wird.
    Liebe Grüße!

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    1. Genau, wie es am Rand der Gesellschaft generell dort aussieht, das ist 3. Welt und wird zu wenig thematisiert. Wer gibt ihnen eine Stimme? Der (hoffentlich nicht) nächste Präsident T. sicher nicht.
      Was Menschen überhaupt einander antun können, das erschüttert mich immer wieder, nicht nur in der Geschichte, auch was die momentanen Kriege angeht. Wir sind doch alle Menschen...

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  4. LIebe Friederike, bisher kannte ich die Bücher nicht, sie klingen aber allesamt sehr interessant. Ich denke sowieso, dass unsere Welt nur eine Chance hat, wenn wir endlich beginnen, das Wissen und die Lebensweise der Naturvölker wiederzubeleben. Wird vermutlich nicht stattfinden, dafür hängen alle, die ihn haben, viel zu sehr am Wohlstand. Aber zumindest ein bisserl was von der Weisheit und den Ernährungsformen der Indigenen zu lernen ist schon ein Schritt in die richtige Richtung. Wir haben in den USA hauptsächlich mit den Navajo rund um die Ortschaft Page und den Antelope Canyon zu tun gehabt. Viele von ihnen arbeiten in der Hotel- und Tourismusbranche (Canyonführungen dürfen z.B. nur von Navajos durchgeführt werden), aber ich glaube, auch dort gibt es viele Entwurzelte. Besonders aufgefallen ist mir ein stark übergewichtiges indigenes Mädchen, das sich bei einer Limo-Abfüllstelle in einem Supermarkt eine Doppelliterflasche Coca Cola vollgefüllt hat. Damals dachte ich bei mir, dass es den ursprünglichen Naturvölkern noch schlechter als "unsereinem" tut, wenn sie das künstliche, überzuckerte Zeug essen und trinken, dass die "weißen Eroberer" mitgebracht haben... Das Nachkochen der Gerichte aus dem Sioux Chef Buch mit hiesigen Mitteln finde ich eine gute Idee! Sonnenblumenbutter habe ich mal in dem Hofladen gekauft, den es ein paar Jahre lang in unserer Gegend gab, und als Brotaufstrich verwendet. (Die wurde dort vorgefertigt in einem Gläschen verkauft, möglicherweise erzeugt die Firma diese Gläschen noch immer, denn selber machen möchte ich diese "Butter" nicht...)
    Für deine Gesundheitstipps möchte ich dir auch noch danken, der Zistrosentee wird jetzt täglich von mir getrunken. Er schmeckt mir zwar (trotz Honigzugabe) nicht besonders, aber ich bilde mir ein, dass er mir gut tut :-)
    Alles Liebe, Traude
    🥁🧸🍸🕯️☕🧸🍸☕🕯️🧸🥁

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    1. Ich stimme dir vollkommen zu, was du in dem langen Absatz über Naturvoelker geschrieben hast!!
      Hoffentlich geht es dir bald wieder ganz gut und wenn dir der Tee geholfen hat, freut es mich sehr. Zistrosen sind halt durch den harzigen Geschmack etwas speziell 😉

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  5. Die Kekse klingen enorm spannend! Eigentlich war ich schon sicher, dass ich für dieses Jahr genug gebacken habe. Ich schwanke noch ...

    Danke für deine Lesetipps. Beide Bücher klingen sehr interessant.

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    1. Mich haben die Keks ein bisschen an die italienischen Zaletti Maismehlkekse erinnert, die ich vor ein paar Jahren verbloggt habe.
      Die beiden Romane sind wirklich nett zu lesen und man lernt neues. Hättest du zb gewusst wie die Hauptstadt von Alaska heißt, ich vorher nicht... 😉

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