Samstag, 30. August 2014

Himbeer-Eistorte zur Hochzeit anno 1934

Waldhimbeeren

Diese aromatischen Himbeeren vom Waldrand sind im Urlaub direkt in meinen Mund gewandert, aber die Himbeer-Eistorte zur Hochzeit im August 1934 wurde sicher mit solchen wilden Beeren gemacht.

Himbeer-Eistorte 2014


Vorgeschichte:
Meine Großeltern Richard und Maria haben vor genau 80 Jahren im August 1934 im kleinen Kreis Hochzeit gefeiert. Sie sind fast 50 Jahre sehr liebevoll zueinander gestanden, haben auch viel durchgemacht und haben sich doch ihre Fröhlichkeit und Liebe immer bewahrt. Ich war als Kind viel und gern bei ihnen. Mittlerweile sind meine sämtlichen Großeltern seit vielen Jahrzehnten tot, meine Oma Maria starb als letzte ihrer Generation vor mehr als 25 Jahren.

Sie hat gern von früher erzählt und immer wieder von ihrer Hochzeitstorte geschwärmt - von einer ganz besonderen Himbeer-Eistorte. Es gibt heute aber weder eine Beschreibung von dieser süßen Sünde und noch weniger ein Rezept...

Unglaublich finde ich ja, dass man vor 80 Jahren, als von (elektrischen) Tiefkühlgeräten noch keine Rede war, ein solches Dessert für eine, wenn auch kleine und bescheidene Hochzeitsgesellschaft machen konnte. Das Hochzeitsessen fand im damals weithin bekannten Kaffeehaus in Persenbeug an der Donau (Niederösterreich) statt, das der Familie eines Freundes gehörte. Dort gab es zumindest einen tiefen Eiskeller...


Man nutzte im Winter gewonnenes Natureis, das in geeigneten Lagerkellern, den so genannten Eiskellern, gesammelt werden musste, damit es auch in der wärmeren Jahreszeit zur Verfügung stand. Die Belieferung mit Stangeneis oder Blöcken erfolgte durch besondere Lieferbetriebe, die häufig Eismann genannt wurden.
Quelle: Wiki...


Das Kaffeehaus in Persenbeug gibt es schon lang nicht mehr, aber der schöne Gewölbekeller existiert noch, er hat einen Naturboden und dort unten ist es im Sommer wirklich gut kühl.
Das Eismachen ging damals so:


Bei Katharina Prato ist eine „Gefrierbüchse“ für die Zubereitung von Gefrorenem (heute Speiseeis) beschrieben. Es muss sich – vereinfacht gesagt - um ein Metallgefäß mit Deckel gehandelt haben und mit einem Griff zum Drehen. Dieses stellte man in ein großes „Wasserschaffe“ voll Eis, dem man noch 1-2 Kilo gestoßenes Steinsalz beifügte. Dann wurde gedreht, immer wieder der Deckel der Büchse geöffnet und verrührt, wieder gekurbelt … eine Heidenarbeit für die Dienstmädchen. Denn vom schnellen Drehen und abwechselndem Verrühren hing die Feinheit des Gefrorenen ab.
Wenn man das Frieren beschleunigen wollte, gab man neben Salz auch Salpeter und Salmiak ins Schaff zum Eis - nicht in die Büchse!
Quelle: „Prato. Die gute alte Küche“, neu editiert und kommentiert von Christoph Wagner, Pichler-Verlag, 2006. 



seid ihr noch da nach soviel Historie...

Wie die Hochzeitstorte 1934 ausgesehen hat, liegt trotzdem im Dunkel...

Mir schwirrt diese Torte schon länger im Kopf herum und so habe ich heuer das "Projekt Himbeer-Eistorte" gestartet und zeitgemäße Varianten gesucht.
Im Moment hat uns eine Kombination mit feinem Marzipanboden und zweierlei Topfen-Obers-Fülle (Quark-Sahne) am besten geschmeckt. Ich habe meine rechteckige Tarte-Form mit 36x12 cm genommen, obwohl die Torte von 1934 sicherlich rund war und auch sonst ganz anders...


Himbeer-Eistorte 2014

Boden:
  • 100 g Marzipanrohmasse gut gekühlt
  • 100 g kalte Butter
  • 100 g Mehl
  • 1 Ei

Das Backrohr auf 180°C vorheizen.
Marzipan und Butter dünn schneiden oder auf einer Reibe reiben, mit Mehl und Ei zu einem festen streichfähigen Teig verkneten. In die Form geben und mit einem „Gummihund“ schön verstreichen und dabei einen Rand formen. 



Im Rohr ca. 10 Minuten backen, dann vollständig auskühlen lassen.
Man kann auch 200 g Marzipan verwenden und die Butter weglassen, der Marzipangeschmack verliert sich ein wenig beim Backen und könnte etwas intensiver sein. 


Fülle:
Grundmasse:
  • 3 Eigelb mit
  • 3 EL Zucker über Wasserbad schön schaumig schlagen, dann wegstellen und
  • 125 g Topfen/Quark einrühren,
  • 125 ml steif geschlagenes Obers/Sahne vorsichtig unterheben und die Masse ungleich aufteilen, etwa 2:3.


Weiße Schokoladefülle:
  • 100 g gute weiße Schokolade (zB. Lindt) im Wasserbad schmelzen und mit dem kleineren Teil der Grundmasse vermischen. Auf den Boden leeren und für 1 knappe Stunde tiefkühlen, die Grundmasse in der Zwischenzeit kühl parken.


Diese Creme mit dem intensiven Geschmack von weißer Schokolade würde sich auch als eigenständiges Dessert im Glas eignen!

Himbeerfülle:
  • 300 g Himbeeren pürieren (vorher ein paar schöne Beeren für die Deko heraussuchen), durch ein Sieb streichen und mit dem 2. Teil der Basis vermischen.

Die rote Masse auf die angefrorene Schicht verteilen (es bleibt ein Rest Creme zum Naschen übrig) und für mindestens weitere 2 Stunden tiefkühlen. Auch diese 2. Creme schmeckt gut als eigenständiges Dessert im nicht gefrorenen Zustand. 


Die Eistorte vor dem Genuss im Kühlschrank kurz antauen lassen, dann schmeckt sie intensiver. Sie lässt sich auch im gefrorenen Zustand in Portionen schneiden und man lässt diese antauen (und den Rest sofort wieder tiefkühlen!). 



Nicht schlecht und nächstes Jahr im August geht das "Projekt" weiter...


Hochzeit 1934

Ich hab sogar irgendwo ein Hochzeitsfoto meiner Großeltern, ich werde es demnächst nachreichen.
scan gefunden!

7 Kommentare:

  1. Was für eine schöne Geschichte! Ich muss glatt mal nachfragen, ob sich meine Großmutter noch an ihr Hochzeitsessen erinnern kann. Das geht zum Glück noch. :-)
    Die Grundmasse für die Fülle klingt köstlich.
    Liebe Grüße,
    Eva

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    1. die beiden Cremen mache ich sicher wieder, die waren zuu köstlich!!
      und mit Gelatine müssten sie auch auf nicht gefrorenen Torten gut passen,
      lg,

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  2. Himbeeren mein Lieblingsobst und all die anderen Zutaten, klingen wirklich verlockend - sind aber verboten ;-((
    Erheitert hat mich der Satz "....(und den Rest sofort wieder tiefkühlen!). ..."
    Da bleibt noch was übrig??? Kann ich mir nicht vorstellen. ;-))

    Da seh ich erst, was mir alles entgeht!
    Liebe Grüße
    Elisabetta

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    1. ja, das Ding war dann doch schnell weg ;-)
      Milchprodukte verboten?

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    2. Nein, nicht explizit Milchprodukte, sondern ALLES was süß ist (und mir seit meiner Diabetes doch sooo gut schmeckt)
      Hin und wieder eine Sünde muss aber sein! ;-)
      LG

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  3. Interessante Geschichte! Was mich dabei interessieren würde ist neben dem Aussehen auch der Preis für solch eine Torte damals im nicht gerade einfachen 34er Jahr. Da haben deine Großeltern augenscheinlich alles getan, um ihren Gästen eine große Freude und Genuss zu bereiten.
    ich kenne einen solchen Erdkeller auch noch von meinen Großeletern, sie lebten in Südungarn und hatten kein Fließwasser, nur - klar kaltes - Brunnenwasser und Holzfeuer in der Küche. Mein Großvater stellte selbst Erdbeerwein her, der im kühlen Keller gelagert wurde und von dem wir Kinder dann auch mal einen winzig kleinen Schluck bekamen.
    Himbeeren mag ich auch sehr und eine normale Himbeer/Quarktorte ist bei uns der Klassiker bei Geburtstagen....dein Rezept klingt sehr verlockend, vielleicht steige ich das nächste mal auf die kühle Variante um!
    Liebe Grüße
    Elisabeth

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    1. Ich glaube, dass das Hochzeitsmahl im eher kleinen Kreis ein Geschenk der Freunde und Verwandten war. Es war eine schlechte Zeit und Lehrer (mein Opa) verdienten sehr wenig.
      Erdbeerwein, das ist auch etwas Besonderes und eine schöne Erinnerung!
      lg

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