Endlich habe ich es geschafft, in diese kleine afghanische Bäckerei in Wien zu gehen, von der ich schon öfter gelesen hatte. Das Riesen-Fladenbrot dort ist dünn und immer frisch gebacken. Ich hätte es knusprig erwartet, aber es ist weich und lässt sich gut auseinander reißen (und am nächsten Tag toasten!). Und auf der Heimfahrt hat mein noch warmes Fladenbrot die ganze U-Bahn beduftet. 😋
Das Fladenbrot brauchte ich für Dopiaza, das ist ein afghanisches Zwiebelfleisch mit Lamm, für die "kulinarische Weltreise" (siehe weiter unten). Das Rezept habe ich mir im www zusammen gesucht. Dopiaza bedeutet "zwei Zwiebeln", sie werden teils mitgeschmort und teils gegen Ende dazu gegeben. Zusätzlich gibt es gepickelte Zwiebeln und Kichererbsen oder gelbe Erbsen.
Ich habe mir im türkischen Geschäft, wo ich gern einkaufe, eine Lammschulter auslösen lassen und die Knochen auch mitgenommen. In Zentralasien wird das Fleisch einfach "irgendwie" zerhackt. Fleischgerichte sollte man dort daher immer vorsichtig und Zähne-schonend essen, hatte Hr. Fliederbaum nach seinen Reisen erzählt (siehe ganz unten). Denn in jedem noch so kleinen Fleischstückchen hatte mindestens ein Knochen gesteckt...
Dopiaza - afghanisches Zwiebelfleisch mit Lamm
mit gepickelten Zwiebeln, gelben Erbsen und Fladenbrot
(für 1 Topf, ca. 4 Personen)
1 kg ausgelöste Lammschulter, die Knochen extra, ersatzweise Rindfleisch
neutrales Öl
4 mittelgroße weiße Zwiebeln
3 oder mehr Knoblauchzehen
Salz
Chili
1/2 TL Kurkuma
1 Gemüse- oder Spitzpaprika
ca. 1 TL Garam Masala
schwarzer Pfeffer
1 kleine weiße Zwiebel
reichlich milder heller Essig (ich habe Reisessig verwendet)
1 Handvoll getrocknete gelbe Erbsen oder Kichererbsen (Glas)
Pfeffer
1 Lorbeerblatt
Salz
dünnes Fladenbrot
Zubereitung:
Für die gepickelten Zwiebeln wird die in nicht zu dünne Ringe geschnittene kleine Zwiebel in einem Glas mit Essig bedeckt. Mindestens eine halbe Stunde oder auch über Nacht im Kühlschrank ziehen lassen.
Das Lammfleisch in Würfel schneiden, ich habe ein Zuviel an Fetträndern auch entfernt. Die Knochen mit kaltem Wasser waschen.
Zwei Zwiebeln klein schneiden, den Knoblauch ebenso und den Gemüsepaprika in dünne Streifen schneiden. Die restlichen 2 Zwiebeln in nicht zu dünne Ringe schneiden und beiseite stellen, sie werden erst zum Schluss gebraucht.
In einem Topf reichlich Öl erhitzen, die klein geschnittenen Zwiebeln und den Knoblauch anbraten, ohne Farbe nehmen zu lassen. Das Fleisch und die Knochen beifügen und einige Minuten rundum anbraten. Mit Salz, Pfeffer, Chili und Kurkuma würzen und mit Wasser aufgießen, so dass das Fleisch zu etwa 2/3 bedeckt ist. Das Fleisch zugedeckt langsam weichgaren, die Knochen dann entsorgen.
Die getrockneten gelben Erbsen in reichlich Wasser mit Pfeffer und Lorbeerblatt weich kochen, abseihen und mit Salz abschmecken.
In einer großen Pfanne (in der das gesamte Gericht Platz hat) werden die in Ringe geschnittenen Zwiebeln und die Paprikastreifen in etwas Öl hell angebraten, Garam Masala beifügen sowie nach Bedarf noch Salz und Pfeffer. Nun kommt auch das gegarte Zwiebelfleisch inkl. Zwiebeln dazu (mit einem Schaumlöffel) und nach Belieben vom entstandenen Saft, bis die Konsistenz passt. Das Gericht wird zugedeckt weitere 15 Minuten auf der ausgeschalteten Herdplatte ziehen gelassen, so dass sich die Aromen gut verbinden.
Anrichten:
Laut Originalrezept richtet man das Zwiebelfleisch inkl. Flüssigkeit direkt auf dem dünnen Fladenbrot an, gemeinsam mit den gelben Erbsen oder Kichererbsen sowie den gepickelten Zwiebeln. Alles mit schwarzen Pfeffer bestreuen. Man isst mithilfe des Fladenbrotes und tunkt damit auch die Sauce auf...
Ich habe das Gericht in einem tiefen Teller angerichtet und das Fladenbrot extra dazu gegeben (und auch eine Gabel). Obenauf liegen die gepickelten Zwiebeln, die sind das i-Tüpfelchen!
Denn das Land versinkt in Chaos und Gewalt, 90 % der Menschen seien vom Hungertod bedroht, liest man in den Medien. Die Wirtschaft des Landes liegt am Boden (außer der Opiumexport). Nicht nur Frauen, auch die Männer haben nach Jahrzehnten des Krieges keine Perspektive im Leben.
Mich schmerzt unglaublich, dass Frauen nun von den religiösen Fanatikern total rechtlos gemacht worden sind, vom öffentlichen Leben, (höherer) Schulbildung, Universitäten, Arbeiten ausgeschlossen. Zum Beispiel dürfen Frauen und Mädchen dort nicht von männlichen Ärzten untersucht werden, aber Ärztinnen oder Hebammen dürfen nicht nachrücken, nicht (fertig) studieren, nicht arbeiten. Für Mitarbeiter*innen von NGOs ist Afghanistan momentan das gefährlichste Land der Welt und durch das Arbeitsverbot für Frauen ist Nothilfe und Vorsorge nicht mehr möglich. Ich fühle mich ziemlich hilflos, aber Menschenrechtsorganisationen zu unterstützen ist trotzdem nicht verkehrt...
Bilder aus dem Norden von Afghanistan von Hr. Fliederbaum von 2011 |
Vor mehreren Jahren habe ich bereits von Afghanistan berichtet, hier und hier (und auch Bolani-Teigtaschen gebacken, die ich heute allerdings dünner und knuspriger backen würde).
Mein Mann hatte 2011 während eines Forschungsaufenthalts in Tajikistan auch ein paar Tage im angrenzenden Afghanistan verbracht.
Ich befürchte, dass diese abgelegenen Hochgebirgstäler, wo sie damals unterwegs waren, ganz im Norden von Afghanistan, auch nicht mehr relativ "frei" sind, sondern mittlerweile unter Kontrolle und Geiselhaft der religiösen Fanatiker. 😢
Getreidemühle |
Gehen wir lieber etwas afghanisches kochen, es lohnt sich, und schicken dabei auch gute Gedanken an die afghanischen Frauen.
Linkliste:
Die Links werden Ende des Monats ergänzt.
Servus Friederike, das hört sich köstlich an! Gepickelte Zwiebelringe muss ich auch unbedingt einmal machen.
AntwortenLöschenAfghanistan und seine Menschen kenne ich leider nur aus negativen Schlagzeilen.
Lg aus Wien
ich habe weiße Zwiebeln aus dem türkischen Laden genommen, die sind mild!
LöschenDein Zwiebelfleisch lacht mich ja sowas von an, das ist schon abgespeichert!
AntwortenLöschenIch kenne Afghanistan nur von oben aus der Luft, fand das karge gebirgige Land damals beim Überflug aber ausgesprochen beeindruckend, wenn auch nicht gerade lebensfreundlich...
Es ist ziemlich trocken dort im Gebirge, ganz anders als bei uns in den Alpen, und nur, wo bewässert wird, grünt es...
LöschenDa schau her, du warst in meiner Nachbarschaft! Ich liebe dieses Brot immer noch sehr. Freut mich, dass du damit die U-Bahn beduftet hast. Aber dein Essen war sicher noch viel besser. Afghanische Küche ist wirklich fein!
AntwortenLöschenSorry, Turbohausfrau hier, Google erkennt mich wieder mal nicht.
LöschenDie afghanische Küche ist wirklich überraschend köstlich!!
LöschenIn der Bäckerei habe ich ein bisschen zuschauen können, wie die grimmigen Männer gerade die Fülle für Bolani mit der Hand auf den Teig draufgeklatscht haben...
Liebe Friederike,
AntwortenLöschenja es ist extrem traurig, was (religiöser oder politischer) Fanatismus aus Ländern machen kann, die im Prinzip bereisenswert wären... und was Menschen durch die Fanatiker angetan wird...
Leider ist dagegen kein Kraut gewachsen. Freunde von uns sind gerade im Oman unterwegs, das scheint landschaftlich sehr ähnlich, aber viel offener und menschenfreundlicher. (Ihnen gefällt's dort jedenfalls SEHR.) Hoffentlich bleibt das so - und hoffentlich wird's in Afghanistan wieder besser. Wir haben sehr nette Menschen kennengelernt, die ursprünglich von dort stammen, aber dann in den Iran und letztendlich nach Österreich ausgewandert sind.
Mit deinem Rezept hast du jedenfalls eine der schönen Seite dieses Landes / dieser Kultur gezeigt.
Alles Liebe,
Traude
❤️
https://rostrose.blogspot.com/2023/02/costa-rica-6-kapitel-tortuguero.html
PS: Ja, das Hotel in den Waterfall Gardens verlangt heftigste Preise. Ich konnte nur den Preis für die Peace Lodge finden, der liegt zur Zeit bei 636 Euro. (Pro Nacht!) Ich weiß leider nicht, was die "billigeren" Zimmer kosten, aber ich schätze mal, dass die Preise auch da für "unsereiner" indiskutabel sind.
Jeder Fanatismus ist eine Katastrophe ☹️
LöschenLiebe Friederike,
AntwortenLöschendas ist ein Rezept ganz nach meinem Geschmack :)
Es ist wirklich sehr traurig was in Afghanistan passiert. Das Problem ist das viele die Afghanen mit der Regierung unter einem Kamm scheren, dabei sind die Meisten gegen die eigene Regierung. Deshalb flüchten ja auch so viele Afghanen, in der Hoffnung auf ein besseres Leben, Frieden und Freiheit. Sie würden das am liebsten im eigenen Land erleben statt in der Fremde. Genauso ist es auch im Iran.
Herzliche Grüße
Susan
Was für ein leckerer Lammeintopf. Lecker. Die Fotos deines Mannes sind super!
AntwortenLöschenHallo Friederike,
AntwortenLöschenmit den letzten Fotos von Deinem Mann zeigst Du, was für ein traumhaft schönes Land Afghanistan ist oder sein könnte. Mir geht's wie Dir, es ist so traurig, was da passiert.
Danke für das schöne Rezept - manchmal vergisst man, wie gut Zwiebeln als vollwertiges Gemüse schmecken! Ich esse gerne Zwiebeln mit Rind, das ist ein chinesischer Klassiker. Aber hier mit Lamm und Garam Masala - das klingt köstlich!
Liebe Grüße
Barbara
Liebe Friederike,
AntwortenLöschendas ist eine tolle Aktion, diese kulinarische Weltreise (auch wenn ich kein Lamm esse). Ein landestypisches Gericht zuzubereiten und dann gleich noch en paar superinteressante Fotos und Fakten hinterher, klasse Idee!
Die Lage in Afghanistan, besonders seit die Taliban wieder komplett das Ruder übernommen hat, ist verheerend. Genau wie du sagst, leiden besonders Frauen und Mädchen darunter. Ich kenne eine Familie, die dort sehr wohlhabend war, alles verkauft hat und eine jahrelange Flucht über den Iran nach Deutschland auf sich genommen hat, damit ihre einzige Tochter die Schule besuchen und einen guten Abschluss machen kann. Die leben hier allerdings weniger gut, und die ganze Familie leidet am Fluchttrauma, die Mutter und der Sohn sind schwer depressiv. Das ist nur ein Einzelschicksal, wie geht es dann erst den Menschen, die es sich nicht leisten können, zu fliehen? Es ist echt grauenhaft.
Zwiebeln als Gemüse in einer Soße, mit Kichererbsen, wär sicher zusammen mit Fladenbrot eine leckere Alternative. Es sieht jedenfalls sehr gut aus!
Liebe Grüße, Maren
Ein tolles Rezept, liebe Friederike - auch wenn ich kein Lamm esse.
AntwortenLöschendas macht nichts, auch mit anderem Fleisch oder veggie ist es sicher gut!
LöschenIch möchte auch "schon immer" nach Afghanistan reisen. Ich bin über 50, und seit ich alt genug bin, um mich alleine dahin aufzumachen, ist dort Krieg, es ist grauenvoll, die armen Menschen. Wir können auf dem Teller reisen und dein Dopiaza sieht toll aus - und das sage ich als jemand, der Zwiebeln zurückhaltend gegenüber steht. Hoffen wir, dass es Hoffnung gibt für dieses Land.
AntwortenLöschenLiebe Friederike,
AntwortenLöschenich war gestern sehr überrascht über deinen Beitrag und hab mich sehr darüber gefreut. Heute komme ich dazu, dir zu schreiben.
In den letzten Wochen war ich ziemlich neben meiner Spur und sehr kraft- und energielos. Der Grund waren Videos, die mir Insta in den Feed gespült hat über die verheerende Lage in Afghanistan - es hat mich in Schockstarre versetzt und beschäftigt mich seither sehr. Die Lage ist katastrophal. Und auch ich fühl mich hilflos und ohnmächtig.
Mehr als spenden und gute Gedanken an die Frauen und Kinder dort senden können wir wohl tatsächlich nicht machen. Ich finde es schwer, die Hoffnung nicht zu verlieren.
Aber ich versuche es ... dein Rezept hilft mir dabei.
Alles Liebe zu dir!
Maria
Liebe Friederike,
AntwortenLöschenDein Dopiaza sieht unfassbar lecker aus. Überhaupt haben mir meine Rezepte auch alle super geschmeckt.
Wirklich absolut traurig, dass wir diese Köstlichkeiten vermutlich nie vor Ort werden probieren können.
So ist es ja leider bei vielen Zielen unserer kulinarischen Weltreise.
Liebe Grüße
Britta